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Aktivrollstuhl

03. October. 2024

Dieser Artikel gehört zur Beitragsreihe zum Thema Mobilitätshilfen. Eine Übersicht und Links zu den anderen Artikeln gibt es im Einleitungsartikel: Ich kann nicht mehr gut laufen, und jetzt?

Heute geht es um Aktivrollstühle. Diese Rollstühle sind, im Gegensatz zum Transportrollstuhl, für aktive und selbständige Benutzung konstruiert. Wenn du nicht weißt, was der Unterschied ist, lies dir zuerst den Artikel über Transportrollstühle durch. Anders als Elektrorollstühle werden Aktivrollstühle manuell, also mit eigener Muskelkraft angetrieben, auch wenn immer mehr Menschen einen Restkraftverstärker nutzen. Das ist ein Hilfsmotor, der ähnlich wie bei einem Ebike die Muskelkraft unterstützt.

Selbst gemachtes Foto von mir in meinem kleinen, wendigen Starrrahmenrollstuhl.
Der Autor in seinem schnieken Ottobock Ventus, 2022.

Wenn es darum geht, ob du „einen Rollstuhl“ brauchst, würde ich immer von einem Aktivrollstuhl ausgehen, da ein Transportrollstuhl für unabhängige Nutzung im Alltag ungeeignet ist. Hier werde ich das Für und Wider der Rollstuhlnutzung allgemein erklären und beschreiben, wie man am besten an so einen Aktivrollstuhl drankommt – da es individuelle Maßanfertigungen sind, kosten selbst die günstigsten Modelle neu über 2000 € und es ist sehr schwer, ein passendes Gebrauchtgerät zu finden.

Die Konfiguration eines Aktivrollstuhls ist so komplex, dass ich diesen Teil in einen eigenen Artikel ausgelagert habe. Wenn du dich darauf vorbereitest, dir einen Rolli zu besorgen, kann ich dir nur nahelegen, dich gründlich mit diesem Thema zu beschäftigen, denn es ist sehr leicht, sich einen schmerzhaften und nahezu unbenutzbaren Rolli zusammenzustellen, und die Leute, die uns beraten sollen, machen dies erfahrungsgemäß nicht immer gut.

Vorteile eines manuellen Rollstuhls:

  • Vollständige Entlastung der Beine. Allenfalls beim Transferieren ist es vorteilhaft, die Beine nutzen zu können, wenn auch nicht erforderlich.
  • Elimination von Sturzgefahr. Mit dem Rolli zu stürzen, ist in bestimmten Situationen zwar möglich, aber diese können vermieden werden.
  • Deutliche Energieeinsparung auf ebener Strecke und bergab, da du dich nicht mehr auf den Beinen halten musst.
  • Bei richtiger Konfiguration Stützung der Wirbelsäule.
  • Transportabel: Im Gegensatz zu elektrischen Rollstühlen sind manuelle Rollis sehr gut transportierbar. Sie passen in die meisten Autos und lassen sich von Helfenden auch mal eine Treppe hochtragen.
  • Insbesondere Faltrollstühle lassen sich auch sehr platzsparend vertrauen und können so beispielsweise im Treppenhaus abgestellt werden.
  • Niemand wird in Frage stellen, warum du in verschiedenen Situationen Hilfe brauchst.
  • Du kannst relativ gut Krempel transportieren. Eine große Tasche hinten an die Rückenlehne, eine zwischen die Füße, eine auf den Schoß, und der Einkauf ist untergebracht. Tablett auf den Schoß für Speisen und Getränke geht auch gut.
  • Anders als bei einem vollelektrischen Rollstuhl kriegst du beim manuellen Rolli, auch mit Restkraftverstärker, immer noch ein bisschen Bewegung ab.
  • Katzen lieben den mobilen Schoß.

Ein manueller Rollstuhl könnte das richtige Hilfsmittel für dich sein:

  • Wenn du beide Beine entlasten willst oder Sturzgefahr vermeiden willst.
  • Wenn du unter Erschöpfung leidest und mit geringer körperlicher Belastung von A nach B kommen willst, aber aus welchen Gründen auch immer keinen elektrischen Rollstuhl benutzen willst oder kannst.
  • Wenn du die Möglichkeit haben willst, ab und zu auch mal noch zu laufen. Einen kleinen Rolli kann man gut schieben und sogar das Gepäck drauf liegen lassen. (Man kann sich allerdings nicht darauf abstützen.)
  • Wenn du dich auch in Innenräumen sitzend fortbewegen möchtest.

Ein manueller Rollstuhl ist wahrscheinlich nicht das Richtige für dich:

  • Wenn du eine Form von Gleichgewichtsproblem hast, bei dem es dir nicht möglich ist, den Rollstuhl kontrolliert nach hinten zu kippen, um Kanten zu überwinden.
  • Wenn du starke Einschränkungen in den Händen hast, durch die ein Antreiben auch mit speziell angepassten Greifringen nicht möglich ist.
  • Wenn du unter so starker Erschöpfung leidest, dass selbst das Antreiben des Rollstuhls dich überlastet. Dies ist um so anstrengender, je mehr Steigungen und unbefestigtes Gelände du mit dem Rolli überwinden musst.
  • Wenn du regelmäßig Treppen überwinden musst und keine Möglichkeit findest, den Rolli entweder stehenzulassen oder mitzunehmen.

Worauf du bei Anschaffung eines manuellen Rollstuhls achten solltest:

Worauf du bei Benutzung eines manuellen Rollstuhls achten solltest:

  • So viel, dass es spezielle Kurse gibt, bei der einem alles beigebracht wird. Manövrieren in engen Räumen, Anheben der Vorderräder, Transferieren… Professor Youtube (sofern man auf die Videos noch zugreifen kann) hilft auch sehr viel weiter.
  • Der Sicherheit zuliebe: Starke Steigungen (z.B. zu steile Rampen) sind gefährlich, da du beim Hinauffahren nach hinten umkippen kannst. Auch ein Kippschutz kann je nach Steigung nicht mehr helfen. Solche Steigungen sind also zu vermeiden oder rückwärts zu erklimmen.
  • Vorsicht auch bei Nässe und bergab. In dieser Situation kannst du an blanken Greifringen nicht mehr bremsen, sie sind zu glatt. Eine „Notbremsung“ mit dem Rollstuhl machst du, indem du die Daumen direkt auf die Reifen drückst. Ja, du wirst dir die Haut aufreißen, aber es ist besser als ungebremst quer über die Hauptstraße zu schlittern.

Wo du einen Rollstuhl herbekommst:

  • Wenn du nicht gerade mehrere tausend Euro rumliegen hast, musst du dir ein Rezept dafür besorgen und dich dann mit der Krankenkasse und dem Medizinischen Dienst herumschlagen. Es ist ein Elend.
  • Ja, es gibt gebrauchte Aktivrollstühle. Es gibt die ein oder andere Internetseite, wo sie angeboten werden, auch auf Kleinanzeigen findet man manchmal einen. Allerdings ist es wichtig, dass der Rolli auch passt (siehe Konfiguration). Ich gehe davon aus, dass der überwiegende Teil aller Rollstühle über die Krankenkassen gekauft wird und somit am Ende der Nutzungszeit zurückgegeben werden muss, was den Gebrauchtmarkt entsprechend einschränkt.

Themen: behinderung, mobilitätshilfen, infodump