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Mensch oder Computer

04. June. 2025

Wer ist logischer, ein Mensch oder ein Computer? Ist ein Mensch emotionaler als ein Computer? Ist ein Computer intelligenter als ein Mensch?

Systemnachrichten aus dem Kernel-Log, eher kryptische Zeichenketten.
Kernel-Messages: Irgendjemand hat definiert, welche Informationen ausgegeben werden sollen und wie sie dargestellt werden.

Was ist es mit Computern, das uns dazu bringt, sie zu personifizieren und ihnen Charaktereigenschaften oder gar einen eigenen Willen zuzuschreiben? Das Handy will heute nicht. Die App macht meinen Job besser als ich. ChatGPT liebt mich. Computer says no.


Eins meiner liebsten Hobbies ist es, technisch unbedarften Menschen zu helfen, Zeug mit ihren Geräten zu machen. Dabei habe ich oft das Gefühl, dass es grob zwei Arten von technisch unbedarften Leuten gibt: die, bei denen so etwas wie eine unsichtbare Blockade besteht – und die, die einfach nur nicht wissen, wie sie die heute erforderliche Aufgabe durchführen können.

Ich frage mich schon lange, wo diese Blockade herkommt und aus welchem Stoff sie besteht. Die Leute mit dieser Blockade, das sind Leute, die ihr Gerät anschauen und diesen glasigen Blick bekommen, wenn sie irgendein Menü oder irgendeine Ansicht sehen, mit der sie nicht vertraut sind. Egal, wie selbsterklärend die Möglichkeiten sind, es könnte genausogut Buchstabensalat dort stehen.

Und in letzter Zeit frage ich mich oft, ob das vielleicht damit zusammenhängt, dass das Gerät, die Software, die Benutzeroberfläche gar nicht als menschliches Kunstprodukt wahrgenommen wird, sondern als eine Art eigenständiger Akteur.

Wer ist logischer, ein Mensch oder ein U-Boot? Ist ein Mensch emotionaler als ein Hochhaus? Ist ein Gemälde intelligenter als ein Mensch?

Es macht keinen Sinn, einen Menschen mit den komplexen Kunstwerken zu vergleichen, die er hergestellt hat. Menschen haben den Computer gebaut. Menschen haben sich hingesetzt und die Platinen entworfen, jeden einzelnen Chip und wie er in seinem Inneren aufgebaut ist, jeden Transistor, jeden Widerstand, jede Stromverbindung. Dann haben andere Menschen sich hingesetzt und die Software dafür geschrieben, die Firmware für die Chips, die Hardwaretreiber, das Betriebssystem, die Benutzeroberfläche, die Anwendung selbst. Menschen haben jedes Menü und jeden Button erstellt.

Natürlich wird heutzutage auch viel davon automatisiert. Es gibt Software, um Hardware zu entwerfen und Software, um Software zu schreiben. Das macht viele Aufgaben schneller und einfacher, auch wenn das Ergebnis dann vielleicht nicht ganz so elegant ist, wie es sein könnte. Aber egal, welche Werkzeuge wir benutzen: Am Ende der Kette stehen immer wir.

Vielleicht schadet das allgegenwärtige Framing von Computern als quasi-autonome Akteure unserer Fähigkeit, unsere eigene Technologie verstehen. Vielleicht ist ein grundlegender Teil von Digitalkompetenz das Begreifen von Computertechnik als menschliches Kultur- und Kunstprodukt.

Zu verstehen, wie Software bedient wird, ist zu verstehen, was andere Menschen sich beim Herstellen dieser Software gedacht haben. Vielleicht auch, welche Fehler sie dabei gemacht haben.

Zu verstehen, wie man ein Gerät administriert, ist zu verstehen, was andere Menschen sich bei den Funktionen gedacht haben, die sie hierfür zur Verfügung stellen. Es ist, sich in die interne Logik der Umgebung hineinzuversetzen.

Zu verstehen, wie man programmiert, ist zu verstehen, was andere Menschen sich bei der Programmiersprache gedacht haben. Es ist, eine neue Denkweise anzunehmen und sich innerhalb von vorgegebenen Rahmenbedingungen auszudrücken.

Benutzung von Software, Administration von Geräten, und auch das Programmieren sind im Kern kommunikative Aufgaben. Hierbei ist Computertechnik mehr wie ein Kunstwerk als wie ein handwerkliches Produkt: Wir müssen etwas begreifen, was jemand anders in einer eigens für dieses eine Werk erfundenen Sprache kommuniziert.

Wer diese Sprache nicht als Sprache versteht, kann nicht mitreden.

Themen: digital, essay, kunst